Große Fragen für kleine
Leute sind das Thema in „Schnatzelschnapf“. Das ist schon dem
Untertitel des Buches für Menschen ab 5 Jahren zu entnehmen, der
da lautet: „oder: Wie kommt die Welt in meinen Kopf.“
Nur für kleine Leute? Mitnichten.
Mal abgesehen davon, dass Gunnar Kunz mein Berliner Lieblingskollege
ist und Sie deswegen bei dieser Rezension nicht auf Objektivität
hoffen können, sind das Fragen, die das Kind in mir noch immer
stellt. Ach was, was heißt hier: das Kind! Aus manchen
Fragen wächst der Mensch nie heraus, sie verkleiden sich
höchstens, kommen im Gewand anderer Worte daher. Fragen wie:
Woher weiß ich, wann ich wach bin und wann ich träume? Was
ist das überhaupt, das Ich? Schmeckt Erdbeereis für alle
gleich? Wäre das Meer anders, wenn es nicht Meer, sondern Muur
hieße?
Ja, die Worte. Worte, die sich
verstecken wie die Au im Daumen. Während der kleine Bär Krümel sich mit den Gedanken
beschäftigt, die er in Worte zu fassen versucht, obwohl er
manchmal überhaupt keine Worte dafür hat, während er
sich fragt, was hinter dem Denken, dem Sehen, dem Fühlen steckt,
sammelt sein kleiner Freund Hopsa eben genau diese Worte. Sie müssen
zugeben, das ergänzt sich gut. Und so erobern sie sich ihre Welt
im Dreiwünschewald in 16 in sich abgeschlossenen Geschichten,
die dennoch miteinander verwoben sind und das nicht nur, weil
jeweils vier in derselben Jahreszeit spielen. Die Erlebnisse der beiden Freunde hat Gunnar Kunz zudem illustriert –
ebenfalls auf seine ganz eigene Weise.
Überhaupt ist das ganze Buch mit
viel Liebe gestaltet und konzipiert. Ohne große Kinkerlitzchen,
aber dafür umso eindrücklicher, eben auf die klassische
Weise. Ich mag diese ständige Reizüberflutung nicht, die
kleinen Menschen heutzutage auch im Bereich Kinderbuch vorgesetzt
wird. Oder besser: den Eltern. Lob ans Lektorat.
So ist er eben, mein Kollege
Gunnar. Er schafft es, die großen Fragen des Lebens ganz
einfach aussehen zu lassen. Vielleicht sind sie es ja auch. Die
Fragen zumindest. Wie Krümel finden auch wir viele Antworten,
lernen dazu, wenn wir uns nicht scheuen, immer weiter zu fragen. Wie
es die Kinder tun. Große Philosophen haben sich diese Fragen
gestellt. Und stellen sie bis heute. Weil es nicht die
Fragen sind, die sich ändern, sondern nur die Antworten, je nach
Mensch und Lebenssituation eben. Gunnar Kunz hat jedenfalls die Gabe,
die Mauer der Vernunft auch der verkopftesten Pragmatiker zu
durchlöchern. Er kümmert sich in seinem Kinderbuch nicht
darum, ob eine Frage unvernünftig ist oder nicht. Und deshalb
ist „Schnatzelschnapf“ eines der vernünftigsten Bücher, die
ich in der letzten Zeit gelesen habe. So, und jetzt gehe ich auf die
Suche nach einem Kind, dem ich die Geschichten vorlesen und mit dem
ich darüber reden kann.
Was ein Schnatzelschnapf ist? Das müssen Sie schon selbst herausfinden. Ich habe diese Rezension ja nicht
geschrieben, damit Sie sich in ihrem Sessel zurücklehnen und Ihr
inneres Kind einmal mehr zum Schweigen verdonnern. Also dann:
auf ins Abenteuer der Fragen des Lebens!
Oder: Wie kommt die Welt in meinen Kopf?
Autor: Gunnar Kunz
Illustrator: Rannug
ca. 144 Seiten | 15 x 20 cm | Hardcover
ISBN 978-3-940078-32-2
Mit Poster (DIN A 3) vom Dreiwünschewald.
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